Eine Blockflöte & Bc (oder Intavolierung), 17. Jahrhundert

Mit der Entstehung des Generalbasses um 1600 beginnen die Komponisten, die instrumental gedachten Stimmen ihrer Werke mit konkreten Besetzungsangaben zu versehen. Dies steht in direktem Zusammenhang mit der Entstehung der Oper und setzte sich in den Geistlichen Konzerten und Geistlichen Oratorien fort. Dem entsprechend sind die meisten frühen Instrumentalstücke, die mit originalen Besetzungsangaben versehen sind, als Intermedium, Symphonia oder Sonata entstanden, also als instrumentale Einlagesätze in größere geistliche oder weltliche Vokalkompositionen. Dabei wurde die Klangfarbe der Blockflöte meist dann gewählt, wenn es in den monodischen Gesangsstücken um Liebe, Liebesschmerz oder um das Hirtenmilieu geht.

In den ersten eigenständigen Instrumentalstücken dieser Zeit beschränken sich die Besetzungsangaben oft auf Bezeichnungen, die den menschlichen Stimmlagen entsprechen, z. B. Soprano oder Basso. Als die Melodieführung instrumentenspezifischer wurde, lauteten die Angaben dann meist Violino, Cornetto, Fagotto oder Trombone. Weil der Flauto, also die Blockflöte, nur selten genannt wurde, ist die Anzahl der originalen Blockflötenkompositionen aus dem 17. Jahrhundert gering. Den Angaben zu den solistischen Ricercate von Aurelio Virgiliano (um 1600) ist zu entnehmen, dass das entscheidende Kriterium für die Besetzung von instrumentalen Soprano-Stimmen der verlangte Tonumfang war. Geeignet für die Blockflöte sind also in erster Linie Werke, die ohne zahlreiche Oktavierungen spielbar sind.

Nahezu gleichzeitig zur frühen monodischen Instrumentalmusik existierte eine Praxis, Diskantstimmen von Motetten und Madrigalen zu diminuieren, wie wir es in ähnlicher Weise von Jacob van Eyck kennen. Die drei bis fünf übrigen Stimmen des polyphonen Satzes wurden dazu für ein Tasten- oder ein Zupfinstrument „intavoliert“, also in einer Tabulatur zusammengefasst. Diese Diskant-Diminutionen sind teils vokal, teils instrumental gedacht, haben aber meist keine Besetzungsangabe. Je nach Tonumfang ist dieses Repertoire auf Sopran- oder Altblockflöten spielbar.

In der monodischen Musik des 17. Jahrhunderts, die heute von den professionellen BlockflötistInnen aufgeführt wird, dominieren Stücke, die original für Violino oder Cornetto geschrieben wurden und deshalb auf der Blockflöte nur mit größeren Eingriffen in die originale Melodik wiedergegeben werden können. Dieses Repertoire wird in dieser Literaturliste nur deshalb erwähnt, weil einzelne Stücke daraus ohne größere Eingriffe auf der Blockflöte spielbar sind.

Für die Wiedergabe des Repertoires des 17. Jahrhunderts werden heute oft sogenannte „Ganassi“-Blockflöten eingesetzt. Dieses Flötenmodell ist an Bauprinzipien der Zeit um 1535 orientiert, also an Instrumenten, die etwa 100 Jahre älter sind als das Blockflötenrepertoire des 17. Jahrhunderts. Der Ganassi-Typus ist jedoch historisch, spieltechnisch und meist auch klanglich ungeeignet für monodische Musik. Falls keine Blockflötenmodelle des 17. Jahrhunderts zur Verfügung stehen, kommen ersatzweise auch Barockblockflöten oder moderne Blockflötenmodelle mit großem Tonumfang in Frage.

 

Originalkompositionen für Flauto oder Flautino

  • Riccio, Giovanni Battista
    • Canzone Basso e Soprano, overo alla quarta flautino e Basso aus Il primo libro delle divino lodi (1612); Blfl c2, Bc (+ B-Instr. ad lib.), in: Fidula (3 Canzonen); LPM CS 3 (2 Canzonas)
    • Canzon “La Grimaneta” con il Tremolo aus Il terzo libro delle divino lodi musicali (1620); Blfl g1oder c2, Bc (+ B-Instr. ad lib.), in: Fidula (3 Canzonen); LPM CS 3 (2 Canzonas); in: Moeck 2093
    • Canzon a un Flautin overo Cornetto aus Il terzo libro delle divino lodi musicali (1620); Blfl g1 oder c2, Bc. LPM CS 1; in: Fidula (3 Canzonen); in: Moeck EM 2092
  •  T'Uitnement Kabinet, Bd. 6; Blfl c2, Bc. Edition Walhall SBG06 (früher S. B. Groen)
     

Werke für Soprano oder Canto solo

(vom Tonumfang her auf der Blockflöte in c2 möglich ohne große Knickungen)

  • Castello, Dario: Sonate concertate (1644); Faksimile SPES,
    • daraus: Due Sonate a Soprano solo; Doblinger DM 37
    • daraus: Sonata prima, in: Venezianische Musik um 1600, Schott OFB 122
  •  Cecchino, Tomaso: 3 Sonaten. Schott OFB 159
  • Frescobaldi, Girolamo: Canzoni da sonare (1634), Faksimile SPES,
    • daraus: Canzoni per Canto solo; Doblinger DM 87; LPM GF 1.
    • daraus: Canzona detta Bernardinia, in: Venezianische Musik um 1600, Schott OFB 122
  •  Pesenti, Martino: Tänze. Doblinger DM 36
  • Porta, Hercole: Sinfonia; Blfl g1/f1, Bc; in: Doblinger DM 412
  • Quagliati, Paolo: Toccata; in: Meister des Frühbarock, Schott OFB 153
  • Selma y Salaverde, Bartolomeo de: Canzoni, Fantasie et Correnti (1638), Faksimile SPES,
    • daraus: 4 Canzoni per Soprano solo; Pan 850
    • daraus: Canzon tertia; in: Meister des Frühbarock, Schott OFB 153
    • daraus: Die Tänze; Pelikan 2030
  •  21 Maskentänze; ohne orig. Besetzungsangaben, spielbar mit Blfl c2, Bc. LPM EM2
  • 25 Maskentänze; ohne orig. Besetzungsangaben, spielbar mit Blfl c2, Bc. LPM EM6

 

Werke für Cornetto o Violino

(* vom Tonumfang her unproblematisch)

  • Cesare, Giov. Martino: La Foccarina*; La Giorina*; Hieber 6011
  • Cima, Giovanni Paolo: Concerti ecclesiastici (1610), Faksimile SPES
    • daraus: 2 Sonaten*. Amadeus BP 680; LPM CS 8; Sikorski 472
  •  Fontana, Giovanni Battista: Sonate A 1, 2, 3 per il Violino o Cornetto (1641), Faksimile SPES
    • daraus: Sonata prima*; in: Venezianische Musik um 1600, Schott OFB 122
    • daraus: 6 Sonaten. Doblinger DM 13–15; Moeck 2109–2111; Amadeus BP 466;
    • daraus: Balletto e Pass' e mezzo. Doblinger DM 977 
  •  Merula, T.: Sonata prima* (1624), Sonata seconda* (1624); in: Moeck 2123

Werke für Violino

(* vom Tonumfang her unproblematisch. Für die anderen Werke ist die Wiedergabe auf der Blockflöte nur eingeschränkt zu empfehlen, siehe Einführung.)

  • Berardi, Angelo: 6 Canzonen. Mieroprint EM 2031, Faksimile EM 2030
    • daraus: Canzone sesta*
  •  Corradini, Nicolo: Sonata “La Sfondrata”; in: Doblinger DM 412
  • Frescobaldi, Girolamo: Toccata per Spinetta e Violino*. Doblinger DM 46
  • Kempis, Nicolaus a: Symphonia 1+2, 3+4.* Pan 881; Doblinger DM 1252, 1253
  • Kindermann, Johann Erasmus: 2 Sonaten* (1653). Hortus Musicus 239; 3 Sonaten (1653). Mieroprint 2027
  • Leoni, Giovanni Antonio: 4 Sonaten. Doblinger DM 413
  • Locke, Matthew: For several Friends (Suiten 1+2)*. Girolamo G 12.001
    • For several Friends (Suiten 3+4)*. Girolamo G 12.002
  •  Mealli, Giovanni Antonio Pandolfi: 3 Sonaten op. 4/1, op. 4/6, op.3/4. Doblinger DM 414
    • 6 Sonaten op. 3 (1660), Helbling, Innsbruck
  •  Montalbano, Bartolomeo: Sinfonie ad uno, e doi Violini (1629), Faksimile Mieroprint 2089
    • daraus: 4 Sinfonias (1629)*. Dolce 233,
    • daraus: Sinfonia op. 1/4* (1629); in: Meister des Frühbarock, Schott OFB 153
  •  Notari, Angelo: Canzona passaggiata*; Nova Music London NM 166
  • Schmelzer, J. H.: Sonata Cu Cu a Solo Violino, Edition Walhall EW 971
  • Uccellini, Marco: Sonaten op. 5. Mieroprint EM 2029; Faksimile Mieroprint EM 2028;
    • daraus: Sonata sesta*. LPM CS 11

Diskant-Diminutionen

mit intavolierten Unterstimmen für Tasteninstrument oder Laute

  • Bassano, Giovanni: Dolci rosate labia. Les Cahiers du Tourdion 9114
  • Bassano, Giovanni: Susane un jour. Les Cahiers du Tourdion 9106
  • Bassano, Giovanni, Girolamo dalla Casa: Non gemme non fin’oro. Les Cahiers du Tourdion 9220
  • Casa, Girolamo dalla & Bassano, Giovanni: Divisions on Chansons I. LPM REP 3
  • Casa, Girolamo dalla & Bassano, Giovanni: Divisions on Chansons II. LPM REP 5
  • Casa, Girolamo dalla & Bassano, Giovanni: Divisions on Chansons III. LPM REP 8
  • Casa, Girolamo dalla & Bassano, Giovanni: Divisions on Susanne ung jour. LPM REP 7
  • Casa, Girolamo dalla & G. Bassano u.a.: Divisions on Ancor che col partire. LPM REP 11
  • Casa, Girolamo dalla & Bassano, Giovanni: Divisions on Vestiva I colli. LPM REP 13

Diminutions-Sammlungen (mit Unterstimmen in Partitur):

  • Italienische Diminutionen. Amadeus BP 2444
  • Italienische Gesangsimprovisationen des 16.–18. Jahrhunderts; Das Musikwerk, Band 41, Arno Volk Verlag